Sport ohne Turnväter

Alles rund um das Zweithobby der TeBe-Fans
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Doughnut Boy Andy

Sport ohne Turnväter

Beitrag von Doughnut Boy Andy »

Sport ohne Turnväter bzw Plastikverein gegen Tradition!
Friedrich Ludwig Jahn gilt allgemein als Begründer der deutschen Turn- und Sportbewegung. Die von ihm mit herausgegebene Schrift 'Die Deutsche Turnkunst' aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellt noch immer eine wichtige Grundlage für den heutigen Sportbetriebs dar. Von einer breiten Öffentlichkeit wird Friedrich Ludwig Jahn bis heute weitgehend unreflektiert verehrt. So sind überall in Deutschland – in Ost wie West gleichermaßen – Sportplätze, Schulen und Straßen nach dem so genannten Turnvater benannt.

In seinem 1810 veröffentlichten politischen Hauptwerk beschreibt Friedrich Ludwig Jahn ziemlich deutlich seine Vorstellungen über das deutsche Volk. Jahn träumte von einem geeinten Deutschland als tendenziös totalitären Nationalstaat. „Mit dem Staate, durch ihn für ihn und in ihm wird der Bürger fühlen, denken und handeln; er wird mit ihm und dem Volke eins sein im Leben, Leiden und Lieben.“ Dieser Staat zeichnete sich zunächst durch die militärische Kindes- und Jugenderziehung, ausschließlich mittels deutschen Sports, deutscher Lieder, ausgewählter deutscher Literatur und nationaler Staatskunde aus.

"Deutsches Volksthum" So verband Jahn die – damals fortschrittliche – Schulpflicht mit seiner völkischen Lehre. Alles, was im Sinne einer Allgemeinbildung über die eigenen Landesgrenzen hinausging, lehnte er strikt ab. „Nur eine Mutter hat jeder Mensch, eine Muttersprache ist für ihn genug." Die sich gerade etablierenden Ideale der Aufklärung werden von Jahn als große Gefahr für die deutschen Bevölkerung angesehen, als „Ausbrüche eines Feuerbergs“, die ein „Heere von Gräueln“ mit sich brächten.

Er sprach jedem Ausländer bürgerliche Rechte ab, solange er nicht nach eingehender Wesens- und Loyalitätsprüfung deutscher Staatsbürger geworden ist. Jahn macht die Identität eines Volkes vom Territorium abhängig, auf dem ein Mensch geboren wird. So werden die Bedürfnisse der Deutschen an der Fruchtbarkeit des Preußischen Bodens ausgemacht, welcher die Notwendigkeit des Volkes zu schweren Leibesarbeiten erfordere.

Diese seien selbstverständlich anstrengender, als die anderer Völker: „Stärke und Ausdauer, was doch die wahre Siegeskraft ist, wagt ihm kein Überrheiner und Überalper abzuleugnen; denn das bloße äußere Ansehen würde zu auffallend Lügen strafen.“ Jahn war fest von einer Hierarchie der Rassen überzeugt, wobei die Deutschen selbstredend den Spitzenplatz einnahmen. Denn „von der Hitze, die Mohren sengt, bis zum Frost, der Polarmenschen einschrumpft“ seien die anderen Völker den Deutschen weder körperlich noch geistig gewachsen....
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Doughnut Boy Andy

Re: Sport ohne Turnväter

Beitrag von Doughnut Boy Andy »

"Sport ohne Turnväter" kritisiert vor allem die unreflektierte Verehrung für Jahn, nach dem in ganz Deutschland Plätze, Schulen und Straßen benannt sind. Die Betrachtung des Turnvaters als "Kind seiner Zeit" könne dessen Aussagen nicht relativieren, die heute den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Die Initiative war bei Recherchen zur Person Jahns auf dessen Werk "Deutsches Volksthum" gestoßen. In dem 1808 verfassten Buch vertrat Jahn einen völkischen Nationalismus, der Wehrsport als Mittel auf dem Weg zur staatlichen Einheit ansah. Beiläufig wertet er andere Völker ab: "Nichts ist ein Volk ohne Staat, ein leibloser luftiger Schemen, wie die weltflüchtigen Zigeuner und Juden." Auch "Mohren" und "Polarmenschen" stellt Jahn als den Deutschen unterlegen dar. Und er spricht Frauen die Eignung zum Fechten als "dem weiblichen Körperbau zuwider" ab.
taz
Doughnut Boy Andy

Re: Sport ohne Turnväter

Beitrag von Doughnut Boy Andy »

RSNO macht morgen eine Veranstaltung zum Thema...
Friedrich Ludwig Jahn zählt zu jenen als Nationalhelden verehrten Personen, deren guter Ruf vom nationalsozialistischen Deutschland in die alte Bundesrepublik und vor allem in die DDR hinübergerettet wurde. Besonders im Osten, aber auch in anderen Teilen der Republik wird ihm auch heute noch große Verehrung entgegengebracht. Jahn sei nicht nur der „Schöpfer der nationalen Turnbewegung, die […] zur Herausbildung des Geräteturnens als Weltsportart führte“ und damit ein Vordenker „einer modernen bürgerlichen Körpererziehung“, wie die „Friedrich-Ludwig-Jahn-Gesellschaft“ stellvertretend für die Bewunderer des sogenannten „Turnvaters“ schreibt. Seine Wahl zum Abgeordneten des Frankfurter Paulskirchenparlaments im Jahr 1848, so werden seine Fans nicht müde zu betonen, zeichne ihn zudem als aufrechten Demokraten aus. Warum Jahn jedoch entgegen der landläufigen Meinung weder ein harmloser Sportler noch Demokrat war, und warum die Völkischen ihn zu Recht als ihresgleichen feierten, wird der Vortrag erläutern.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Kampagne 'Sport ohne Turnväter' statt. Knut Germar lebt in Halle. Er ist Autor und Redakteur der Zeitschrift „Bonjour Tristesse“.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus der Galerie der Amadeu Antonio Stiftung statt.
28 October · 19:00 - 22:00

Galerie der Amadeu Antonio Stiftung
Linienstraße 139
Berlin (Berlin, Germany)

Ich werde hingehen.
Arik
Beiträge: 138
Registriert: 27.02.10 00:46

Re: Sport ohne Turnväter

Beitrag von Arik »

Die Veranstaltung soll ja recht schräg gewesen sein, oder? Zumindest klang es so, als wären sich Referent und RSNO nicht sehr einig gewesen. Vielleicht kannst du mal, sofern du da warst, einen kleinen Bericht dazu schreiben.

Der Artikel von Knut Germar in der "Bonjour Tristesse":

http://bonjourtristesse.wordpress.com/2 ... %E2%80%9C/
Doughnut Boy Andy

Re: Sport ohne Turnväter

Beitrag von Doughnut Boy Andy »

Naja, schräg war sie schon ein Bisschen aber nicht schlecht. Der Referent und RSNO waren alle beide die Meinung, dass Turnvater Jahn ein Arschloch war, und was 90% der tollen Rede von Knut betraf war dadurch zum grosse Teil Frieden im Haus, of course. Meinungsunterschiede gabe es also wegen der Kampagne, die der Referent nicht nachvollziehen konnte. Sport sei in Deutschland tatsächlich ohne den Turnvater Jahn kaum vorstellbar, seine Beliebheit hier ernst zu nehmen und nicht zufällig. Mit einem Handvoll wikipedia Infos, die im Internet einfach zu finden und lesen sind, sei es nicht nur unrealistisch zu glauben man könne den Jahn Kult zerschlagen, sondern so eine Einstellung geht das Hauptproblem vorbei: Jahn is ein nationaler Held. Diese Kritik vom Referent hat nach die Rede die Diskussion dominiert und Unterstützer der Kampagne versuchten ihren Standpunkt zu verteidigen. Auswärtssieg.

Die Kampagne, vor allem was dem JSP betrifft, wird aber witergehen.
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