Demo und Kampagne "Zum Erhalt der Fankultur"

[mr. bungle]

Nein, die gibt es nicht und wird es hoffentlich auch nie geben. Dennoch finde ich eine Auseinandersetzung zu diesem Thema spannend, auch wenn mir dieser Tage die Möglichkeit fehlt, substanziell in die Debatte einzusteigen.

Anyway, auf jeden Fall ein kniffliges, vielschichtiges Thema, zu dem sich m.E. durchaus mal eine öffentiche Diskussionsveranstaltung in den heiligen WST-Räumlichkeiten lohnen würde, vielleicht sogar in zeitlicher Nähe zur Demo. Das Podium könnte man mit Leuten wie besagtem Nico Neubert von den vorgeblichen "Ultras Red Bull", einem BAFF-Vertreter, ein bis zwei interessanten Journalisten und natürlich gerne auch Leuten aus unserer Fanszene, welche die Bandbreite der bei uns vorhandenen Positionen zum Thema "moderner Fußball" widerspiegeln, besetzen. Ist vielleicht die bessere Variante gegenüber irgendeiner halbgaren "Positionierung" seitens der TBAF, für die sich möglicherweise gar kein gemeinsamen Nenner herstellen lässt, erst recht nicht in der Kürze der Zeit.

"Gegendemo" hätte ich schon irgendwie witzig gefunden, wobei das für mich eher eine Alternativ- denn eine explizite Gegenveranstaltung geworden wäre. Ist aber glaube ich nicht praktikabel.

[Hans]

lieber neo-gelb,
schließe nicht von den hier häufig schreibenden auf alle TeBe-fans.
ich finde die grundaussage des aufrufes gut und bin deutlich gegen den "modernen" fussball
(sitzplätze, kommerzialisierung, polizei- und kameraüberwachung, transpi-verbote, willkürliche stadionverbote, familienevents, "die ecke, das tor, die zwischenergebnisse werden ihnen präsentiert vom sponsor...", dauerbeschallung vor den spielen und in der halbzeitpause durch unsägliche musik und dauerwerbungen etc.)
mein letztes erlebnis in london bei einem spiel von fulham: rauchverbot im stadion, light-bier in der pause, aber nicht mitzunehmen ins stadion, strenger sitzplatzzwang, durchsuchungen, null stimmung. der eintritsspreis von 20 pfund für einen sitzplaz hinter dem tor, gilt nach aussage anderer zuschauer als spottpreis. vor der reise hatte mir jemand von deutschen arsenal-fanclub normale karten für ein spiel gegen tottenham angeboten: 80 pfund.
vielleicht war das ja eine ausnahme in englands erster liga und an fulham gekoppelt, glaub ich aber nicht.

[ping-pong-alex]

vielleicht war das ja eine ausnahme in englands erster liga und an fulham gekoppelt, glaub ich aber nicht.

niemals

Zunächst ein mal ist es so, dass in der Regel die Spannbreite der Aufrufer zu Demos sehr breit ist ( von Splitterbrötchen über Autonome - bürgerliche Parteien - Gewerkschaften - bis hin zu Religionsgemeinschaften etc.), so dass man eigentlich an gar keiner Demo teilnehmen dürfte, wenn man nach dem Ausschlussprinzip geht ( wenn die dabei sind, bin ich nicht dabei).

Vorliegend ist es allerdings ein Demoaufruf mit einem sehr spezifischen Thema, so dass statt der Masse an gesellschaftlich aktiven Organisationen aktive Fangruppierungen unterschiedlichster Vereine die UnterstützerInnen der Demo bilden (werden).

und hier fängt das Problem an.

Teilaspekte, um die es bei der Demo geht, sind ein stück weit auch hausgemacht : Problematik Stadionverbote; Polizeipäsenz; Restriktionen bei Auswärtsfahrten etc.

Die Teilnehmer von uns auf dem Karneval der Kulturen konnten es ja erleben ( ob geplant oder spontan ist jetzt nicht relevant ); Bannerklau in der Ultraszene; Schalrupfen etc.pp; Platzbegehungen wie bei Erna oder dem BFC ; alles trägt dazu bei, dass sich die Repressionsschraube weiter dreht.

In dem Demoaufruf ist die Mitursächlichkeit des eigenen Fanverhaltens nur mit ein zwei Sätzen angedeutet. Das ist mir persönlich zu wenig.

Organisierte Fangruppierungen wie die Harlekins oder das Wuhlesyndikat müssen zunächst eine Frage ehrlich beantowrten, bevor ich mit ihnen gemeinsam auf die Straße gehen würde.

Die Frage lautet : Kann ich mit vielleicht 20 oder 30 anderen TeBe - Fans mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu einem Auswärtsspiel zu ihnen fahren, ohne Gefahr laufen zu müssen, mein eigenes Wohlbefinden zu gefährden, wenn keine Polizei vor Ort ist. Die ehrliche Antwort wird sein : Nein ( klappt ja nicht mal mit Polizei ). So lange ich mein Menschenrecht auf Unterstützung meines Fussballvereines auswärts nicht problemlos wahrnehmen kann, weil bestimmte Fangruppierungen bzw. Fans ein etwas gestörtes Verhältnis zum Begriff Gastfreundschaft besitzen, werde ich mit ihnen nicht auf die Straße gehen.

Die wichtigen Themen müssen dann eben auf eine andere Art und Weise angepackt werden

[zéro cinq]

bin ich der einzige, der es etwas seltsam findet, wie sich diese diskussion aufgeschaukelt hat? wegen dieses threads den stab über die ganze "sogenannte" fanszene zu brechen, zeugt jedenfalls nicht unbedingt von kenntnis und noch weniger vom richtigen maß.

[peeka]

Der Punkt ist doch, dass "für den Erhalt der Fankultur" aufgerufen wird.
Und solange nicht klar ist, wie diese Fankultur überhaupt aussieht, ob also z. B. "Fahnenziehen" dazu gehört, wie sich die Harlekins ausdrücken, ist doch nicht klar, wofür oder wogegen demonstriert wird.
Daher ist doch erst diese Klärung erforderlich, bevor man demonstriert.

[NeoGelb_Freund]

naja, zu behaupten, es gebe keine organisierte fanszene von TeBe, ist etwas blauäugig. es gibt organisierte auswärtsfahrten. es gab, wenn auch wenige, organisierte tapeten. mit "We save TeBe" gibt es sogar eine erfolgreiche Fangruppe und -kampagne. Das vielleicht das Thema Gefährdung der Fankultur anders gesehen wird, weil der eigene Verein gerade ums Überleben kämpft, ist nachvollziehbar. Aber gut.

Das Thema Überwachung und Reglementierung von Fans kann duchaus positive Ergebnisse haben. In der Saison 2008 / 09 gab es eine Soliaktion von Livornesi für die verhaßten Pisani, weil erstere nicht zum Derby durften. Die Livorno-Ultràs blieben sogar aus Solidarität vor dem Stadion und sangen von dort. Seitdem gibt es Kontakte zwischen den Fangruppen, die den Haß allmählich überwinden.

Die Einführung der "Tessera del Tifoso", die Auswärtsfahrten aller unregistrierten Fußballfans überwacht, führte am vergangenen Wochenende zu gemeinsamen Soliaktionen zum Teil verfeindeter Fangruppen. Das heißt also, daß nicht nur rassistische Kampagnen (wie gegen Balotelli) für Selbstreflexion sorgen und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbstverständnis bewirken können.

Aber gut, das Thema Fankultur und Reglementierung / Überwachung ist bei TeBe nicht konsensfähig und erlaubt äußerst heterogene Meinungen (von Befürwortung bis zur Problematisierung). Die Frage, welche Fankultur ich lebe (oder leben möchte), muß ja auch nicht beantwortet werden, macht es aber einfacher zu TeBe zu finden. Die Ablehnung von Fahnen-, Transpi- und Schalabziehen ist zum Beispiel eine solche Postion. Die Ablehnung jeder Gewalt gegen andere Fangruppen ebenfalls. Für mich gehört aber eine Position zu Anstoßzeiten, Fanuntensilien, Überwachung von Auswärtsfahrten, der "Datei Gewalttäter Sport" und grundsätzlich der Kommerzialisierung im Fußball dazu. Vielleicht kommt die auch später. Vielleicht erst, wenn klar ist, daß TeBe die Insolvenz gut überstanden hat. Wenn es nie kommen würde, fänd ich es enttäuschend.

[ping-pong-alex]

Die Ablehnung von Fahnen-, Transpi- und Schalabziehen ist zum Beispiel eine solche Postion. Die Ablehnung jeder Gewalt gegen andere Fangruppen ebenfalls. Für mich gehört aber eine Position zu Anstoßzeiten, Fanuntensilien, Überwachung von Auswärtsfahrten, der "Datei Gewalttäter Sport" und grundsätzlich der Kommerzialisierung im Fußball dazu. Vielleicht kommt die auch später. Vielleicht erst, wenn klar ist, daß TeBe die Insolvenz gut überstanden hat. Wenn es nie kommen würde, fänd ich es enttäuschend.

Ich denke, viele von uns haben eine dezidierte - meist auch kritische - Meinung zu den Punkten Anstoßzeiten pp.; hier geht aber um eine Demo, bei der diese Aspekte nicht losgelöst von den Thematiken Fahnenklau etc. betrachtet werden können, weil eben organisierte Fans zu der Demo aufrufen, die sich zu recht über die Anstoßzeiten etc. aufregen, selbst aber keine klare Abgrenzung zu den problematischen Punkten finden bzw. sogar ok finden ( Stichwort : Das gehört zum Fussball dazu; selbst schuld, wenn man in Stadionnähe die Farben der Gastmannschaft trägt - man braucht sich dann nicht zu wundern, wenn man Ärger bekommt etc.pp)

und da habe ich ernsthafte probleme, mit den leuten, die mir zum Teil den Spaß am Fussball versauen, gemeinsam auf die Straße zu gehen.

ergänzend kommt das widersprüchliche verhalten zum thema kommerzialisierung hinzu : überspitzt formuliert : auf Red Bull ( den ich selbst spästens seit der geschichtsfälschung bei der Austria als scheißverein betrachte ) verbal einprügeln, aber Gazprom auf Schalke ( um nur ein Beispiel zu nennen) gut finden

[NeoGelb_Freund]

es gibt nicht nur eine demo, sonder nauch eine kampagne. in dieser kann es durchaus kritische positionen geben. das selbstreflexion im aufruf zur demo zu kurz kommt, heißt doch nicht, daß mensch sich komplett zurück zieht. oder doch? es gibt eben nicht ja oder nein. sondern auch ja, aber...

[Lila-Lira]

Das Thema Überwachung und Reglementierung von Fans kann duchaus positive Ergebnisse haben. In der Saison 2008 / 09 gab es eine Soliaktion von Livornesi für die verhaßten Pisani, weil erstere nicht zum Derby durften. Die Livorno-Ultràs blieben sogar aus Solidarität vor dem Stadion und sangen von dort. Seitdem gibt es Kontakte zwischen den Fangruppen, die den Haß allmählich überwinden.

Die Einführung der "Tessera del Tifoso", die Auswärtsfahrten aller unregistrierten Fußballfans überwacht, führte am vergangenen Wochenende zu gemeinsamen Soliaktionen zum Teil verfeindeter Fangruppen. Das heißt also, daß nicht nur rassistische Kampagnen (wie gegen Balotelli) für Selbstreflexion sorgen und eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbstverständnis bewirken können.

Sorry, aber ich habe da - und vermute, es geht anderen ebenso - einfach andere Vorstellungen von emanzipierter Fankultur. Dass sich Fangruppen miteinander solidarisieren, die sich im Stadion mit Halsabschneider- und Jumbo-Penis-Gesten ihren Hass gegenseitig bekunden, mag manchem ja Speichel in die Mundwinkel treiben. Auch das andauernde "Fußballfans sind keine Verbrecher"-Geblöke muss bei manchen unfassbare Befriedigung auslöden. Ich find's aber, tut mir leid, einfach nur kindisch.

Abgesehen davon, dass es - wie richtig erwähnt wurde - "die" TeBe-Fanszene nicht gibt, muss sie sich auch nicht positionieren. Weder zu Stadionverboten, noch zu modernem Fußball, noch zu sonst irgendetwas. Mit welchem Mandat denn auch?

Ein Verein, der mit 100 000€ + X in der Oberliga spielt ist doch als solcher schon ein Statement im Sinne des urtümlichsten Fußball-Markenkerns. TeBe vergibt so gut wie nie Stadionverbote und ist seit Jahren ziemlich berechenbar in der Spieltagsterminierung. Der Verein wird von Fans geführt, die Spieler identifizieren sich mit TeBe, es gibt ein kulturelles Vereinsleben außerhalb des Stadions und es gibt eine formelle (Satzung) und eine nicht-formelle (allg. Minimalkonsens) Einigung, was wir in unserem Verein und unserem Stadion nicht dulden.

Wäre die Fußballwelt ein bisschen mehr TeBe und ein bisschen weniger Harlekins, dann hätte ich vielleicht Interesse an der Demo. So aber kann ich nur eine Ansammlung von Leuten erkennen, die in ihrer wöchentlich gelebten "Fankultur" unter Beweis stellen, dass sie einen Fußball wollen, der nicht mein Fußball ist. An dieser "Fankultur" bin ich nicht interessiert (auch nicht, wenn die Alternative Sitzplatz, Montagabendspiel und alkoholfreies Bier heißt).

[QBA]

bisher aufrufende gruppen:

Cattiva Brunsviga - Eintracht Braunschweig
Kaotic Sud - Eintracht Braunschweig
Harlekins Berlin '98 - Erna BSC
Gruppa Süd Berlin - Erna BSC
Dynamic Supporters Berlin 2005 - Erna BSC
Red-White - 1.FC Kaiserslautern
Frenetic Youth - 1.FC Kaiserslautern
K-Town Fanatics - 1.FC Kaiserslautern
Club Nr.12 - FC Bayern München
Coloniacs - 1. FC Köln
Aachen Ultras 1999 - Alemannia Aachen
Horda Azzuro 2001 - FC Carl Zeiss Jena
Wanderers Bremen - SV Werder Bremen
Schickeria München – FC Bayern München
Chosen Few Hamburg 1999 - Hamburger SV
UltrA Team Bremen - SV Werder Bremen
Hammerhearts 2004 - 1.FC Nordsachsen Berlin
BOYZ Köln - 1. FC Köln
Wilde Horde - 1. FC Köln
Kölsch Bajaasch - 1.FC Köln
Wuhlesyndikat 2002 - 1.FC Nordsachsen Berlin
Teen Spirit Wuhlistan 2006 - 1.FC Nordsachsen Berlin
Pfalz Inferno - 1.FC Kaiserslautern
Racaille Verte - SV Werder Bremen
VeedelsRadau - 1.FC Köln
Weekend Brothers - VfL Wolfsburg
Collettivo Wuppertal - Wuppertaler SV
Beckumer Jungs - SV Beckum
Sankt Pauli Mafia NRW - FC Sankt Pauli
Berliner BäHren - Erna BSC
Horidos 1000 Fürth - SpVgg Fürth
Legio Augusta - FC Augsburg

mir wird schon ganz schlecht, wenn ich mir die 3 von mir dick markierten gruppen anschaue.....