Am Samstag hiess es bereits relativ früh aufzustehen, denn die Fahrt in die Schuhstadt Pirmasens zum Duell der Regionalliga Süd FK Pirmasens vs. 1. FC Saarbrücken stand auf dem Plan.
Über die Schuhstadt Pirmasens wussten wir vorher nicht wirklich viel (ausser eben das diese Stadt früher für ihre Schuhe bekannt war) und rechneten mit einem verschlafenen Nest das über ein Bilka-Kaufhaus, einen Bäcker und ein Rathaus verfügt, flächenmäßig irgendwo in der Größenordnung Verl einzuordnen.
Etwas stutzig wurden wir aber als unser Zug in einem Bahnhof "Pirmasens Nord" anhielt und dann auf einmal in die andere Richtung wieder zurück fuhr um ca. 6 Minuten später einen Bahnhof "Pirmasens Hauptbahnhof" anzusteuern. Wie genau es zu dieser seltsamen Streckenführung kam wissen wir bis heute nicht, aber konnten schon mal erahnen das wir heute keinen ruhigen 0815 Tag verleben werden.
Es war in Pirmasens bitter kalt und es flog uns ein unsichtbarer eiskalter Nieselregen ins Gesicht, der sich auch hervorragend als Top 10 Foltermethode in beliebigen Militärgefängnissen einsetzen lassen könnte. Das hielt uns aber nicht davon ab noch mal eben "kurz" in die Innenstadt zu gehen um uns das bunte Treiben da aus der Nähe anzugucken.
Was wir zu sehen bekamen war ein Bild des Grauens: Ganz Pirmasens besteht zu 95% aus Spielhallen, Trinkhallen und Nightclubs (aber vor allem Spielhallen). Diese Stadt ist der Inbegriff der Verrohung. Aus Mitleid mit den hier lebenden Menschen gingen wir noch in ein Restaurant um ein ziemlich leckeres Wiener Schnitzel zu Essen, wobei dort im Eingangsbereich eine Holztruhe mit Schlitz stand auf der ein Schild mit der Aufschrift "Spende für unsere Tiere" befestigt war. Ausser dem Tier auf meinem Teller konnte ich jedoch im gesamten Laden kein Tier entdecken und auch draussen ist jegliches Leben aufgrund der herrlichen Lage inmitten von Beton der modischen Farbe grau eher auszuschliessen. Daher warf ich auch nichts in die Kiste.
Also nichts wie ab zum Stadion...doch wie da hinkommen? Wir hatten inzwischen Begriffen das Pirmasens SEHR weitläufig ist und wir vermutlich zu Fuß eine Woche brauchen würden um diese Strecke zu meistern. Entsprechend fuhren wir doch lieber mit dem Bus der auch tatsächlich geschätzte 15-20 Minuten Fahrtzeit benötigte bis wir am Stadion angekommen waren.
Das Stadion von Pirmasens ist ein relativ neues und zweckmässiges aber gar nicht mal so hässliches Stadion, das etwa 10.000 Zuschauern Platz bietet. Die Eintrittspreise waren so lala, aber noch akzeptabel. Da man sich bei solchen Spielen ja immer einen Verein aussucht für den man im Spiel ist entschieden wir uns in diesem Fall zunächst für den Underdog aus Pirmasens und postierten uns zwecks guter Übersicht in der Nähe des spärlich gefüllten Fanblocks vom FKP um eine gute Sicht auf beide Fangruppen zu haben. Die Saabrücker waren mit etwa 1000 Fans angereist, insgesamt mögen es wohl so 3500 Zuschauer gewesen sein.
Während des Spiels supporteten die FKP Fans ihr Team zunächst recht durchgängig, wobei der Support nach etwa 20 Minuten komplett eingestellt wurde. Ein Blick in den Fanblock offenbarte das die Fans komplett (!) den Block verlassen hatten. Das Rätselraten was wohl jetzt passiert sein möge klärte sich recht schnell: die Typen waren einfach mal komplett Bier holen gegangen. Sehr lustig anzuschauen das ganze. Leider mischten sich im weiteren Verlauf der ersten Hälfte auch immer mehr Gesänge a la "Schwulääää" und ähnlicher Bauernscheiss, gepaart mit teilweise auch offenem Rassismus so das wir uns geistig und auch optisch recht schnell vom FKP entfernten und uns in der zweiten Hälfte eher in die Nähe der Saarbrücken-Fans stellten.
Jene scheinen absolut zerstritten zu sein. Es gab hinter dem Tor 2 voneinander völlig unabhängige Fangruppen die nicht einmal die Gesänge teilten sondern munter gegeneinander Ansangen.
Das wirklich üble Spiel gewann der FK Pirmasens durch einen Elfmeter, wobei die FCS Fans zu recht sehr frustriert darüber waren das ihre Mannschaft in der tat einfach nicht gewinnen wollte. Teilweise war das was wir da zu sehen bekamen schon üble Arbeitsverweigerung. Einziges Highlight war festzustellen, das Hadji noch immer in Saarbrücken spielt, auch wenn er sich mit einer glatten roten Karte kurz vor Schluss selbst aus dem Spiel nahm.
Im Saabrücken-Block herrschte der Frust vor, was u.a. auch an den Zäunen ausgelebt wurde, die einige male bedrohlich ins wanken gerieten. Nach dem Spiel begaben wir uns in die Busse die die Saabrücken-Fans zum Bahnhof bringen sollten. Kaum fuhr der Bus los sah ich einen Typen, mitte/ende 30, wie er in den Tau des Busfensters seelenruhig ein Hakenkreuz malte. Noch völlig verwirrt und geschockt von diesem Anblick, guckte ich eine Reihe weiter nach vorne wo die Frau von diesem Typen saß und beobachtete dort wie jene Ihrem ca 3 jährigen Sohn beibrachte wie man vernünftig den Mittelfinger aus dem Fenster zu den dort sichtbaren FKP-Assis zeigt. Zur Hölle, wo war ich nur gelandet?
Diesen Gedanken noch nicht einmal geistig ausformulierend stoppte der Bus auf einmal, weil im hinteren Bereich weitere Saarbrücker Assis die Lampen zerstört hatten. Der Busfahrer machte in einem Dialekt den ich nicht verstanden habe den betreffenden Leuten klar, das sie den Bus jetzt zu verlassen haben und holte einen Polizisten (es gab natürlich ne Eskorte) in den Bus. Erinnerungen an die Tram-Fahrt in Wuhlistan wurden wach, so das wir uns recht schnell dafür entschieden den Bus zu verlassen um zu Fuß weiter zu laufen. Kaum waren wir 15 Meter vom Bus weg sahen wir das es einen Bus hinter uns auf einmal handfeste Auseinandersetzungen zwischen Hooligans, die offenbar aus PKWs kamen, der Polizei und Leuten aus dem Bus gab. Die Polizei prügelte nach mehrmaliger Warnung mit Hilfe von Hunden und Knüppeln die Leute wieder in den Bus und nahmen auch so ca. 3 Leute fest. Es war also das absolute Chaos ausgebrochen, was jedoch einen Saarbrücker nicht davon abhielt mitten in diesem Trubel einfach mal SEHR offensichtlich auf ein am Rand parkendes Auto zu Pinkeln. Hat sich irgendwie keiner dran gestört, weshalb dieser Mensch für uns der Held des Tages war.
Nachdem sich die Lage langsam entspannte gingen wir zu Fuß die gefühlten 150km weiter zum Bahnhof und fuhren zurück nach Karlsruhe. Nach einem sehr leckeren Abendessen gingen wir Abends noch in eine Sportsbar um Boxen sowie Zombies zu gucken und in eine Discothek, deren Inhalt vor allem aus alternden Rockern/Poserrockern bestand, die aktuelle Musik aber auch viel Muffel-Rock aus den 70ern abfeierten (und wir die Leute, bei reichlich Bier). Um 2 Uhr endete dann die Nacht, da wir ja schon ein paar Stunden später wieder für die nächsten Fahrt und das nächste Spiel (SC Freiburg vs Laudääään) fit sein mussten.
...mehr dazu morgen...
