Zeitungszeugen

Fußball ohne Tennis & alljemeinet Rumschäkern
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Herr K.
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Zeitungszeugen

Beitrag von Herr K. »

Ich weiß nicht, ob ihr schon von dem Projekt "Zeitungszeugen" Kenntnis genommen habt, ich nehme es aber an. Wenn nicht, dann mehr dazu hier: http://www.zeitungszeugen.de.

Es handelt sich dabei um ein Projekt renomierter Wissenschaftler, eine wöchtentlich erscheinende Zeitung, die jeweils drei Faksimile von Zeitungen aus den Jahren 1933 bis 1945 beinhalten. Dazu kommt eine Ummantelung, in der jene Wissenschaftler Kommentare zu den Ereignissen verfasst haben.

Bisher wurden zwei Ausgaben veröffentlicht, die u.a. Faksimiles der NS-Hetzzeitungen "Völkischer Beobachter" und "Der Angriff" beinhalteten.

Nun kam es zu einem Rechtsstreit. Zahlreiche Presseartikel dazu findet ihr in der Rubrik Presse unter http://www.zeitungszeugen.de.

Das bayerische Finanzministerium, Rechteinhaber alller Schriften aus dem Eher-Verlag, beruft sich auf auf eben dieses Urheberrecht und die Verantwortung gegenüber den Opfern der Shoa. Es wird befürchtet, dass die lose beiligenden Zeitungen in rechten Kreisen propagandistsich missbraucht werden könnten.

Die Herausgeber der "Zeitungszeugen" argumentieren hingegen u.a. mit der Pressefreiheit und der wissenschaftlichen Aufarbeitung jener Zeit, durch die Herausgabe von Primärliteratur. Die keineswegs unkommentiert an den mündigen Bürger gebracht werden.
Zudem bezeichnen sie ein mögliches Verbot, als Mystifizierung der braunen Schriften. Die eben genau das hervorruft, was durch dieses Unterfangen vermieden werden soll.

Ich habe vorhin auch der Neugierde wegen bei ebay geschaut. Beide Ausgaben im Gesamtpaket gehen inzwischen bei ebay schon für ca. 25 Euro weg. (Eine Ausgabe kostet 3,90 €)

Dies nur als kurzer Einblick in die Situation. Wer mehr dazu erfahren will, ist mit den zahlreichen Presseberichten sehr gut beraten. Andererseits gibt es vielleicht auch den Einen oder den Anderen, der sich schon die Ausgaben der Zeitungszeugen gekauft hat.

Einen interessanten Radiokommentar findet man im Übrigen hier: http://www.br-online.de/bayern2/kulturw ... 234054.xml

Ich frage mich, ob ein Veröffentlichungsverbot dieses Projektes bzw. ein "Teilverbot" und die damit einhergehende Beschneidung des Projektes tatsächlich sinnvoll ist. Wer heutzutage NS-Propaganda bekommen möchte, der bekommt sie so oder so in den verschlungenen Konstruktionen des World Wide Webs. So bspw. lässt sich problemlos ein "bestimmtes Werk", einer "gewissen Peron", in den USA, über ein sehr großes Internetverkaufshaus erwerben. Welchen Sinn und Zweck hat folglich ein solches Verbot? Inwieweit sind derartige Einschneidungen in die Pressefreiheit sinnvoll? Ist dieses mögliche Verbot letztendlich nicht nur ein Beschaffungserschwernis? Eine Aktion, bei denen sich gewisse Leute auf die Schulter klopfen? Und was ist dran an dem Argument der Mystifizierung der NS-Propagandaschriften?
Die rechte Szene würde (und tut es wohl längst) die Angst vor jenen Schrifften doch nur als Triumpf werten.
Letztendlich erscheint es mir auch so, dass die gezielte Auseinandersetzung mit nationalsozialistischen Schriften nur eines bewirken kann, die Diskreditierung ihrer selbst. Aber das mag unbedacht sein, wenn man es aus seinem persönlichen Bildungsstandpunkt betrachtet.
Zuletzt geändert von Herr K. am 27.01.09 23:29, insgesamt 2-mal geändert.
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felix
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Re: Zeitungszeugen

Beitrag von felix »

in der aktuellen nummer (donnerstag kommt die nächste) befindet sich übrigens ein nachdruck der vossischen zeitung, in dem auch von TeBe berichtet wird.
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Herr K.
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Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Herr K. »

Tatsächlich?! Da muss ich doch gleich noch einmal schauen. Fiel mir bisher nicht auf. Ich Blindpese *hmpf*

Ob die nächste Ausgabe am Donnerstag erscheint, wer weiß. Werde jedenfalls frühzeitig zu meinem Zeitungsdealer des Vertrauens gehen und mir ggf. wieder ein Exemplar zu sichern. ^^
Hokus pokus fidibus
Red Star

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Red Star »

Ich finde das Projekt nicht sonderlich gut.

Einfach aus zwei Gründen:

1. Kann man die Zeitungen direkt konsumieren und ohne sich überhaupt mit dem Kommentar beschäftigen zu müssen. Damit bedient das Projekt die Geilheit nach Authenzität, die in die gleiche Scharte schlägt wie Geschichtspornographie à la Guido Knopp und der Aufgeilerei an "Hitler in Farbe". Ich sehe keine große Aufklärung.

2. Ist das natürlich ein gefundenes Futter für Nazis, die sich dann ihr NS-Reenactment gleich noch mit dem kompletten Völkischen Beobachter vervollständigen können. Ausserdem kann ich nicht verstehen, warum dann einem "Aufklärungsprojekt" ausgerechnet Nazi-Wahlplakate beigelegt werden müssen. Wo liegt da der Aufklärungseffekt?

Von daher ist es zwar hilflos, das Ding zu verbieten bzw. zu zensieren, aber schade es ist um den Schund nun wieder auch nicht.
Denis
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Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Denis »

ich verstehe den hype darum eh nicht wirklich. wenn ich unbedingt zeitungen aus der zeit lesen will fahre ich ins zentrum für berlin-forschungen und kann da so ziemlich jede zeitung ab 18XX einsehen, die in berlin erschienen ist.
"In den letzten Jahren gab es sehr viele Sponsoren die sich wg. der Rothersgruppierungen von Verein wieder abgewendet haben."

Hobby Horsing is not a crime.
Red Star

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Red Star »

Dito. Zumal ja so getan wird, als ob die Dinger auf einmal aus dem Giftschrank gezaubert werden. Wer sich dafür interessiert hat, der kam ohnehin schon immer an die Sachen heran.

Aber vielleicht kann ja jemand mal den TeBe-Artikel scannen. Für sowas ist es dann schon wieder ok. ;)
NeoGelb_Freund

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von NeoGelb_Freund »

Red Star hat geschrieben:Dito. Zumal ja so getan wird, als ob die Dinger auf einmal aus dem Giftschrank gezaubert werden. Wer sich dafür interessiert hat, der kam ohnehin schon immer an die Sachen heran.
denke ich auch. mcih stört eben vor allem, daß wieder nazi-scheiße 'konsumiert' werden darf. die wiss. aufarbeitung ist lächerlich. auf einem umschlag analysiert. so ein quatsch. history-fetischisten können sich einfach nur ganz popgeil mit nazipropaganda eindecken. authentisch...
Warhead

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Warhead »

Hmm...die Fetischisten decken sich auch ohne die Zeitungen mit Zeitungen und anderen NS-Devotonalien ein...nämlich konspirativ im Internet,behaftet mit dem sexy Ruch des Verbotenen,oder in Polen auf den Märkten.
Wenns das Zeug plötzlich im Kiosk an der Ecke gibt dann entfällt doch gleich die Exklusivität und die Sache wird banal,na und den Typen im Bund heimattreuer Jugend und den Kameradschaften fehlt ein Grund sich wieder auf die Schenkel zu klopfen
Red Star

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von Red Star »

Zu einfach gedacht.

Und vor allem: Warum meinst du denn, dass nur Kameraden und NS-Jugendliche so drauf sind? Ich bin mir da nicht so sicher... Knopp gucken schließlich auch ein paar Millionen.
EL_MAXO

Re: Zeitungszeugen

Beitrag von EL_MAXO »

Red Star hat geschrieben:Zu einfach gedacht.

Und vor allem: Warum meinst du denn, dass nur Kameraden und NS-Jugendliche so drauf sind? Ich bin mir da nicht so sicher... Knopp gucken schließlich auch ein paar Millionen.
Knopp ist auch so schlecht recherchiert, da würd ich mir keine Platte machen wenn das NS-Kids gucken. :roll:
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