Beerdigung Rainer (Teja)

[Denis]

Die Beerdigung von Rainer findet am Freitag, 27.06., 12.30 auf dem Alter Domfriedhof, Liesenstrasse in Mitte statt. Gäste sind erwünscht um ihm die letzte Ehre zu erweisen.

[bronski]

Scheiße. Das erschüttert mich.

[bronski]

Ich habe Rainer weit über 15 Jahre mehr als zweimal die Woche gesehen. An den Wochenenden beim Fußball zu ungezählten Heim- und Auswärtsspielen, dienstags beim Doppelkopf. Dazu regelmäßige Kneipenabende, Feiern, und einmal im Jahr haben wir unser beim DoKo verspieltes Geld beim Paddeln auf Mecklenburger Seen und später im Spreewald zusammen mit ungezählten Bieren verprasst. Wenn wir, Detlev, Franz, Frank, Henne, Jockel, Rainer (und ich), zu sechst beim Paddeln waren, waren in den Fässern der drei Kanadier, die wir bemannt hatten, anstelle der vorgesehenen Klamotten und Utensilien bis zum Rand hunderte Bierdosen wasserdicht verstaut. Mehr Punkrock als diese langen Wochenenden, mit denen wir die alte Doppelkopf-Saison beschlossen und die neue begrüßten, geht eigentlich nicht.

Vor allem aber TeBe. Rainer war der Mann mit dem tätowierten Preußen-Adler und dem stolzen Schriftzug "Tennis Borussia Berlin" auf der Wade. Rainer hat mich nicht zu TeBe gebracht, aber er hat mich bei TeBe eingeführt. In den Brorussenspirit. Und konnte es einen besseren geben als Rainer? Den Schöneberger Jungen, der wie wenig andere das Westberliner Miljöh und die angestammte Mitgliedschaft der Borussia der 90er Jahre verkörperte? Diese seltsame -- und einmalige -- Mischung aus Westberliner High Society und Punks, die nicht einfach friedlich koexistierte, sondern im Mommsenstadion über alle sozialen Grenzen hinweg mit größter Freundschaft, oder doch zumindest mit Freundlichkeit und Respekt zusammenkam? In diesem Sinn war Rainer tatsächlich ein Musterbesucher des Casinos im Mommsenstadion, das wie kein anderer Ort, den ich kenne, für das verrauchte Westberlin stand.

Rainer war freundlich. Er war lustig. Streitbar (im besten Sinn), hilfsbereit, er hatte (er wird mir die Floskel verzeihen) sein Herz am rechten Fleck. Als nach dem ersten Auswärtsspiel nach dem Abstieg in die Oberliga 2001/2002 in Neuruppin eine nicht ganz kleine Zahl an Dorfnazis der Meinung war, den Westberliner Zecken mal die Leviten zu lesen, hatten sie nicht damit gerechnet, in einen rund 100-köpfigen Pulk zu rennen. Und zu Rainer. Wenn es drauf ankam machte er kein Federlesen.

Er hatte diebische Freude, mit der Israelfahne durch Wismar zu ziehen, lange bevor es Mode wurde, den Davidstern zu zeigen. Auch darin stand Rainer stellvertretend für die Mitgliedschaft des Vereins, bei dem wie bei keinem anderen Club im deutschsprachigen Fußball Shoa-Überlebende, ihre Familien, und alle Westberliner Schichten zusammen kamen. Ich sehe mich mit Rainer auf dem Zaun nach dem letzten Auswärtsspiel 2000 in Chemnitz, bei dem Tennis sportlich den Klassenerhalt durch ein Unentschieden gesichert hatte. Hunderte Chemnitzer Fans hatten den Platz gestürmt, sich vor dem TeBe-Block aufgebaut und versuchten mit dem Kriegsruf "Juden Berlin" über den Zaun zu klettern, den Rainer, bis die Polizei endlich eingriff, äußerst erfolgreich freihielt.

Um 2014 habe ich Rainer aus den Augen verloren, die wöchentlichen DoKo-Abende wurden (nicht nur von mir) immer häufiger abgesagt. Rainer kam immer seltener zu Spielen.

Gelegentlich habe ich ihn wiedergetroffen. Zuletzt nach einem Heimspiel um 2019. Er hatte seine Eltern bis zum Tod gepflegt, und dafür auf ein eigenes Erwerbsleben verzichtet. Zuletzt hat er in der Park- und Grünlagenpflege gearbeitet, zunächst über eine ABM-Maßnahme.

Machs gut mein Freund, ich werde an Dich denken.

[ping-pong-alex]

Lieber Bronski, vielen Dank für die schönen Worte. Mit Rainer ist einer der feinsten Menschen von uns gegangen, die ich kennenlernen durfte. Außerhalb des Mommse zu den alten Westberliner Oberligazeiten hatte ich Rainer zunächst gehört und erst dann gesehen. Das war die Zeit, als er noch für die BVG arbeiten konnte und DJ am U-Bahnhof Fehrbelliner Platz gewesen ist ("Richtung Rudow zurückbleiben bitte"). Dann erkannte ich Rainer im Häuschen und wir hatten einen guten Aufhänger für ein Pläuschchen, auf das dann in den folgenden Jahrzehnten noch viele folgen sollten. Auch hier war Reiner eine besondere Westberliner Michung. BVGer auf der einen Seite und verbunden mit der Hausbesetzerszene auf der anderen Seite. Rainer hatte bis zuletzt im Hausprojekt Bülowstraße gewohnt. Eines der wenigen vormalig besetzten Häuser, die ihren Idealen halbwegs treu geblieben ist (Plenum!). So wie Bronski es beschrieb, wird das Mommse damals tatsächlich einer der ganz wenigen Orte gewesen sein, wo der Hausbesetzer auf den Immobilienmakler wegen des kleinsten gemeinsamen Nenners "TeBe" treffen konnte. Ich selbst habe über die Jahre mit Rainer viel gelacht, getrunken, Jahreswechsel verbracht und diskutiert. Es war eine Freude mit ihm zu reden /zu diskutieren. Wir kamen aus verschiedenen politischen Backrounds. Gleichwohl waren unsere Gespräche immer fair, respektvoll und mit der Bereitschaft verbunden, aufgrund der Argumente seine eigene Auffassung zu überdenken. Reiner hatte schließlich seinen persönlichen Dämonen bewunderswert überwunden, so dass er auch wieder über Jahre hinweg zu den TeBe-Spielen zu Hause und auswärts gehen konnte. Er ist der letzte Zeitzeuge auf TeBe-Seite, den ich persönlich kenne, der vor 1989 zu den Fans gehörte, die sich regelmäßig mit den BFCern getroffen und deren Spiele besucht hatten ( auf Seiten des BFC gibt es noch einen anderen Rainer). Das angedachte Interview kann jetzt nicht mehr geführt werden. Ich war und bin sehr traurig, dass auch Du viel zu früh gegangen bist.

Rest in power, Rainer!

[Mika]

Danke für das Teilen Eurer Erinnerungen. R.I.P.

[jensolito]

Ich habe Rainer nicht vor Augen.
Sein Tod ist natürlich sehr traurig.
Eure Erinnerungen sind sehr liebevoll.
RIP

[klj]

Ich habe Rainer nicht vor Augen.
Sein Tod ist natürlich sehr traurig.
Eure Erinnerungen sind sehr liebevoll.
RIP

Wahrscheinlich aber nur, weil Dir der Name nichts sagt. Denn Rainer war tatsächlich früher immer dabei. Ich hab nur einmal ein längeres Gespräch mit ihm geführt (ich weiß aber nicht mehr, was der Anlass war), aber ich kannte ihn eigentlich nur immer freundlich lächelnd - und zwar ein echtes Lächeln, nicht so ein Verkäuferlächeln - und niemals arrogant auftretend.

Ein wirklich feiner Mensch, der da zu früh gegangen ist.

[jensolito]

Ganz genau, wahrscheinlich hätte ich ihn auf der Straße gleich als einen von uns erkannt.

Wir sind nicht sooo viele, aber das passiert einem ja öfters.

[Denis]

Danke für die schönen Erinnerungen @Bronski und @Alex. Rainer war ein Menschenfreund im wahrsten Sinne und tatsächlich hat auch er mich in die "Szene" im engeren Sinne eingeführt als ich 98 wieder mehr Bock hatte zu TeBe zu kommen. Ich weiß gar nicht, ob man den nicht hätte mögen können. Jedenfalls habe ich mich auch immer sehr gefreut, wenn ich ihn im Mommsenstadion treffen konnte, auch als er seltener zu den Spielen gekommen ist und es war eigentlich genau wie "früher" auf den Auswärtsfahrten zu Zeiten der Göttinger.

Wie wir später feststellen, war er es höchstwahrscheinlich auch, der uns (=den BW90 Fanclub Havelszene, der sich im Oktober 89 nach einem Spiel TeBe gegen BW90 Amateure im Mommsenstadion gründete) völlig zu recht mit einem Bier bewarf, als wir 13 Jährigen Vollidioten irgendeinen Strauch anzündeten. Naja oder es versuchten.

[Denis]

@Jensolito: Beim Heimspiel nach dem Tod von Rainer hatte @mrbungle auf der Anzeigentafel ein Foto von ihm gezeigt. Ich habe das Foto selbst nicht, aber du kennst ihn zu 100%. Nur halt vielleicht nicht mit Namen.